Opulente und rasante Tänze mit bissigen Bütten garniert

Starke eigene Akteure bei straffer Sitzung von Mannheims größtem Verein Feuerio im Rosengarten

Autor: Peter W. Ragge (pwr)

Schon? Schnell, ja zu schnell vorbei geht die Fasnachtsshow des Feuerio im Rosengarten. Was sich anderswo manchmal zu lange hinzieht, hat Mannheims ältester und größter Karnevalsverein angenehm gestrafft – aber dann doch so sehr gekürzt, dass richtig gute, große, ausgelassene Stimmung schließlich erst beim Finale aufkommt.

Richtig putzig-goldig fängt das dreieinhalbstündige, von Kultusminister Michael Witt gut zusammengestellte Programm an: mit den „Sternchen“ als goldige Schmetterlinge. Dann ist etwas zu sehen, was es so nur beim Feuerio gibt: Zwei Tanzpaare und elf (!) Mariechen. Sie betreiben sonst Spitzensport, treten bei Turnieren alle solo auf. Nur für diesen Abend bieten sie eine eigens einstudierte gemeinsame Choreographie mit enorm rasanten Schrittfolgen, Hebefiguren, Überschlägen – ein sehr beeindruckendes Bild, mit Jubel, Johlen und Pfiffen quittiert.

Was Feuerio-Vizepräsident Stefan Hoock, höchst angenehm agierender Moderator, hier die „geballte Tanzmacht des Feuerio“ nennt, wird aber übertroffen. Junioren-Marsch und Schautanz der Jugend, bildschön zu Tulpen und Käse aus Holland, bereiten den Boden für die Weibliche Garde – ein absolutes Muster an Anmut, Akkuratesse und Akrobatik. Es folgt der Schautanz: 37 junge Männer und Frauen, in höchst aufwendigen Kostümen als Pagen, Köche, Zimmermädchen, bieten eine grandiose, glanzvolle Show mit äußerst opulenter wie origineller Optik zum Thema „Grandhotel“.

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Erst spät Stimmung

Sehr stark auch zwei eigene Akteure in der Bütt: Das gilt besonders für Alexander Fleck als Protokoller – mit messerscharfer Kritik, exakten Reimen und fast ein bisschen zu ausladender Gestik brandmarkt er so lautstark wie treffend „rechte Rattenfänger“ ebenso wie den schnellen Abschied von Kunsthallendirektorin Ulrike Lorenz („Hochverrat“), die an der Macht klammernde Bundeskanzlerin („Es hat ausgemerkelt“) oder den Missbrauchsskandal der Katholischen Kirche: „Hohe Herren in Prunkgewändern: Gott braucht keine Kinderschänder!“

Pfiffige, politisch hintergründige Ironie, ja Spott bietet Jessica Weber in einer herrlichen Parodie der US-Präsidententochter Ivanka Trump. Als „Staatssekretärin für familienhistorisch begründete Dienstreisen“ soll sie, begleitet vom streng dreinblickenden Bodyguard Oliver Althausen, einen Ausflug ihres „Daddys“ zum einstigen Familienwohnsitz Kallstadt vorbereiten – mit Staatsempfang vom „kurzen Peter am langen roten Teppich“. Das ist einfallsreich und klasse. Den Text hat Ex-Prinz Frank Hüther verfasst, der selbst dieses Jahr nicht auftritt – und schmerzlich vermisst wird.

Denn wenn auch Franz Kain dann noch Alltagsbeobachtungen wunderbar humoristisch zugespitzt schildern und damit zahlreiche Lacherfolge erzielen kann – er ist halt ein Profi-Comedian. Seine Gags sind nicht exklusiv, womit der Feuerio nur zwei Büttenredner bietet – was gemessen an seinem Anspruch unter dem Strich schon arg wenig ist.

Als Stimmungsmacher hat er zunächst die Guggemusiker der Hockenheimer „Ringdeiwel“ engagiert. Die sind eigentlich mitreißend, tun sich aber arg schwer, das Publikum aus der Reserve zu locken.

Das gelingt erst den „Drei Prinzen“ (Stefan Hoock/Stefan Rinklef/Roberto Troncone) – aber dann gewaltig. Mit all den Hits wie „Hulapalu“ oder „Mendocino“ mischen sie den Saal auf, alle singen, ja schwelgen etwa bei „Sweet Caroline“ mit. Dann endlich, ist es schon 22.40 Uhr, zündet Feuerio-Präsident Bodo Tschierschke die erste Beifallsrakete des Abends. Die hätten auch andere Akteure vorher verdient gehabt.

Naro, Mannheims „Eros Ramazotti“, setzt noch einen drauf. Er schafft es, dass nun richtig gefeiert wird, sich eine Polonaise im Saal bildet – aber nun ist schon wieder alles vorbei, sieht man von der fröhlichen Party im Foyer ab.

In das große, von Naro und den „Drei Prinzen“ gemeinsam gestalteten Finale mischt sich Wehmut: Es erklingt „Ein Stern mit dem Namen Feuerio“ – einst ein Titel der leider aufgelösten „Feuerio-Singers“. Ihre fröhlichen und zum Mitsingen animierenden, aber auch ironisch-kritischen politischen Lieder fehlen, würden den schönen Abend einfach noch abrunden, munterer machen.

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