Aus dem Mannheimer Morgen vom 27. März 2023:
Er kommt inzwischen zwar im Rollstuhl, aber ob „Weißer Ball“ oder Prinzenfrühstück – Joachim Mayer kommt weiter zum Feuerio. Auch wenn ihn die Füße nicht mehr so weit tragen, kann, will und darf der Ehrenpräsident von Mannheims ältester und größter Karnevalsgesellschaft bei seinem Verein nicht fehlen. Dabei wird er heute, geistig weiter hellwach und stets ein toller Gesprächspartner, 95 Jahre alt.
Vor dem Konkurs bewahrt
Mayer hat seit Jahrzehnten einen Spitznamen, und der sagt alles: „Zeus“ nennen sie ihn beim Feuerio, also den Göttervater. Wenn er spricht, dann mit natürlicher Autorität, denn jeder weiß, dass er die Hälfte der 125-jährigen Geschichte des Feuerio maßgeblich mitgeprägt, den Verein in einer großen Krise vor dem Konkurs bewahrt hat. Mayer wird daher geachtet, ja teilweise sogar verehrt als das letzte prägende Urgestein des Feuerio und Zeitzeuge einer Epoche, die lange vorbei ist.
Der Sohn einer Heidelberger Wirte-Dynastie ist vier Jahre als Smutje auf hoher See gefahren. 1958 übernimmt er die Amicitia-Gaststätte (heute „Bootshaus“). Da macht ihm der damalige Büttenstar Hans Mauerer klar, dass man im Feuerio sein muss, wenn man Erfolg haben will. 1974 wird Mayer durch den legendären Feuerio-Präsidenten Franz Biedermann zum Senator ernannt, elf Jahre später wird Mayer Senatspräsident.
14 Betriebsstätten gleichzeitig
Es ist die Zeit, in der Mayer als Mannheims wohl erfolgreichster, größter Gastronom gilt. Ob Nationaltheater- oder Schlossgastronomie – bis zu 14 Betriebsstätten gleichzeitig funktionieren unter seiner Leitung hervorragend. Insbesondere der Rosengarten ist sein Metier, wo zuvor sieben (!) Vorgänger gescheitert waren. Auch wenn er hart sein kann, schwärmen frühere Mitarbeiter noch heute von ihm, und viele Gäste ohnehin. Gastfreundschaft, persönliche Dienstleistung – solche Dinge sind ihm wichtig, und es ist ihm ein Gräuel, zu sehen, wie wenig das heute oft zählt.
26 Jahre führt Mayer die Gastronomie im Rosengarten – eine Ära, in der es weniger Kongresse, aber sehr viele gesellschaftliche Veranstaltungen, glanzvolle Bälle und zahlreiche Auftritte von Stars hier gibt. Auch Feinschmecker kommen gerne in Mayers Rosengarten-Restaurant „Savarin“, und die Stadt nutzt das feine Ambiente und die gute Küche für Ehrungen. Als Mayer in Ruhestand geht und das Dorint-Hotel 1996 die Rosengarten-Gastronomie übernimmt, kann er auf eine enorme Lebensleistung zurückblicken.
Mayer sorgt nicht nur dafür, dass sich Künstler wie Gäste wohlfühlen. Er hat auch das Talent, Menschen zusammenzubringen – er ist ein begnadeter „Netzwerker“ würde man heute sagen. Davon profitiert sehr lange der Feuerio. Als dem Verein 1996, wegen einer Mischung aus Großmannssucht und Spätfolgen der durch den Golfkrieg ausgefallenen Fasnacht, der Konkurs droht, wird Mayer der maßgebliche Nothelfer. Er wechselt aus dem Senat, der ja nur Beratungs- und Gönner-gremium ist, an die Spitze des Vereins, übernimmt für vier Jahre das Ruder und reißt es herum – mit Erfolg.
Chronik verfasst
Mayer setzt nicht nur auf eine wieder solide Vereinsführung und gewinnt neue Aktive wie auch Sponsoren. Er greift auch ganz kräftig in die eigene Tasche, setzt so andere Gönner unter Zugzwang und rettet schließlich den Verein. Als der Feuerio dann 1998 das 100. Jubiläum feiert, verfasst Mayer die dicke Chronik und sichert damit seinen wertvollen Erfahrungsschatz für die Nachwelt.