Joachim Schäfer hatte sich ganz besonders gefreut, denn er hatte auch schon eine besondere Idee kreiert – es wäre immerhin der 50. Auftritt des beliebten Musikers und Bloomauls beim Blumepeterfest gewesen. Aber es gibt kein Blumepeterfest 2022. Zum dritten Mal hintereinander muss die große Benefizveranstaltung, die der Feuerio seit 1967 bis zur Corona-Pandemie 2020 zugunsten der „MM“-Aktion „Wir wollen helfen“ ausgerichtet hat, ausfallen.
„Es tut uns sehr leid, es ist bedauerlich, wir würden schon gerne“, ringt Bodo Tschierschke, der Präsident des Feuerio, um Worte, wenn man ihn auf dieses Thema anspricht. „Feuerio – mehr als nur Fasnacht“: Dieser Slogan von Mannheims ältester und größter Karnevalsgesellschaft basierte unter anderem darauf, dass der Verein stets Ende September diese riesige Benefizveranstaltung rund um den Wasserturm komplett ehrenamtlich organisierte.
Benannt ist sie nach dem „Blumepeter“, dem armen und kranken Blumenverkäufer Peter Schäfer (1875-1940). 1966 hatte der „MM“, als er 20 Jahre alt wurde, einen Brunnen und dazu eine Skulptur des längst als Mannheimer Original geltenden Blumepeter gestiftet. Zur Einweihung des Denkmals gab es ein Fest, und seither immer wieder, stets auf die Beine gestellt vom Feuerio. Gewidmet wurde es Menschen wie Peter Schäfer – Armen auf der Schattenseite des Lebens. Zuletzt erwirtschaftete der Feuerio damit einen Erlös von meist über 30 000 Euro – eine wichtige Basis für die „MM“-Aktion „Wir wollen helfen“, die nun erneut fehlen wird.
Zwei Jahre war das Blumepeterfest wegen der Veranstaltungsverbote und Auflagen aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich. Umso mehr freuten sich die Aktiven des Feuerio, dass sie nun wieder loslegen können – und ebenso die Helfer aus einigen anderen Gruppen, angefangen von den Bloomaul-Ordensträgern über die Reservisten der Bundeswehr bis hin zu den Frauen vom Kuchenstand rund um Gwendolyn Wentzlaff vom Café „Mohrenköpfle“. Der langjährige Feuerio-Vizepräsident Volker Dressler, seit 20 Jahren als „Mister Blumepeter“ Cheforganisator, hatte auch längst mit den Vorbereitungen begonnen.
Schwierige Gespräche
Aber dann kam der Frust. „Wir haben losgelegt, waren mitten in der Arbeit drin, aber haben leider feststellen müssen, dass es einfach nicht geht“, seufzt Tschierschke. Schließlich taten sich gleich mehrere Probleme auf. „Die Spendenbereitschaft ist einfach nicht da“, stellten Tschierschke und seine Mitstreiter schnell fest – fatal für eine Veranstaltung, die darauf basiert, dass Tombolagewinne, Speisen, Getränke und vieles mehr gestiftet werden.
Manche Gespräche seien schwer gewesen, und man habe gespürt, dass es den langjährigen Spendern peinlich sei, nicht mehr großzügig helfen zu können. Aber nach zwei Jahren Corona-Einschränkungen, Problemen mit Lieferketten und explodierenden Energiepreisen müssten eben „viele den Gürtel enger schnallen“. Gerade der Einzelhandel in der Innenstadt habe „teils erschreckende Umsatzrückgänge“, hörten die Feuerianer. „Die sind alle nicht gut drauf“, so Tschierschke.
Den fehlenden Spenden stehen „enorme Kostenexplosionen“ gegenüber. Seit Jahren habe es bereits Teile des Fests gegeben, die nicht gespendet wurden – das beginnt beim Fleisch. „Es gibt ja kaum noch Metzger“, so Tschierschke, „und man kann den Besuchern auch nicht mehr um 14 Uhr sagen, dass die gespendeten Bratwürste weg sind und es keine mehr gibt, das akzeptiert heute leider keiner mehr – also mussten wir eben zukaufen“. Auch Bühnenbau, Tontechnik und viele andere Aufwendungen seien enorm gestiegen, etwa durch schärfere Hygiene- und Umweltauflagen, wie das Verbot von Einweggeschirr.
Finanzamt will mehr
Dabei hätte das Organisationsteam eigentlich auf die Kostenbremse treten, Ausgaben verringern müssen – weil der Staat einen größeren Anteil an den Einnahmen des Blumepeterfests will. Bisher wurden alle Erlöse aus Verkauf von Speisen und Getränken mit sieben Prozent Umsatzsteuer belastet, weil das Fest unter freiem Himmel als „Außer-Haus-Geschäft“ eingestuft wurde. Da am Wasserturm aber Tische, Bänke und Abfallbehälter aufgestellt werden, stuft das Finanzamt das Blumepeterfest als „Verzehr an Ort und Stelle“ ein – das macht 19 Prozent Steuer und damit geringeren Benefizerlös.
Und noch einen weiteren Grund nennt Tschierschke – die Corona-Pandemie. Einige wichtige Helfergruppen seien daher weggefallen und hätten im Sommer signalisiert, dass sie noch mal pausieren. „Im Herbst, wenn die Infektionszahlen nach der Urlaubszeit wieder steigen, ganz eng in einem Stand zusammenstehen – das kann sich mancher nach wie vor einfach nicht vorstellen, das war ihnen noch zu heiß“, bittet er um Verständnis und hofft auf 2023. Denn in jedem Fall halte der Feuerio an der Idee und der Bereitschaft, sich für die „MM“-Aktion „Wir wollen helfen“ zu engagieren, fest, bekräftigt Tschierschke.
(Mannheimer MorgenMannheimer Morgen vom 09. September 2022)